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Zum Ausstellungskonzept
Dr. Renate Wiehager, Kuratorin
Wie der Titel der Ausstellung signalisiert, geht es bei der temporären Zusammenkunft aktueller Werke der drei Künstlerinnen Mbali Dhlamini (*1990 ZA), Nnenna Okore (*1975 AUS/NGR), Buhlebezwe Siwani (*1987 ZA) nicht um ein spezifisches Thema. Erlebbar und nachvollziehbar ist vielmehr ein offener Dialog schwarzer Künstlerinnen, die teils auf dem afrikanischen Kontinent, teils in Europa oder den USA leben. In Fotografien, Skulpturen und Bildern reflektieren sie Perspektiven zeitgenössischer Formen von Identität und Spiritualität sowie postkoloniale Fragen.
Im Rundgang durch die Ausstellung mit ca. 20 Werken eröffnet sich ein denkbar breites Spektrum zugleich kontroverser und sich ergänzender Themen: feminine Archetypen, kosmische Rhythmen, Zyklen individuellen Lebens, Identitätswechsel und Rollenspiele.
In einer Welt abstrakter und digitaler Prozesse, die ein gelebtes Wissen um Orte und Beständigkeit untergraben, suchen viele Menschen heute in der Begegnung mit der Kunst das Taktile, das sinnliche Erlebnis – Ausdruck des Bedürfnisses nach einer Kultur, die sich im Raum, im Hier und Jetzt verwurzelt fühlt. Zeitgenössische Tendenzen in der Kunst suchen Bilder, die ebenso gefühlt wie gesehen werden können.
Drei übergreifende Themen verbinden die individuellen Positionen der eingeladenen Künstlerinnen: Reintegration von Natur und Kultur in Perspektiven menschlichen Handels – Postkoloniale Fragen: Der weibliche Blick und Körper – Zeitgenössische Formen der Spiritualität. Das aktuelle Interesse an diesen Themen, ablesbar an Themen und Phänomenen kultureller Produktion, waren der Anlass, diese drei Künstlerinnen gemeinsam auszustellen.
Reintegration von Natur und Kultur in Perspektiven menschlichen Handels
Nnenna Okore ist in der Ausstellung mit zehn Beispielen ihrer floralen Wandobjekte vertreten, entstanden 2024. Für die Künstlerin stellen die Werke eine intime Verbindung zur Natur her, sie sind inspiriert von ökologischen und umweltbezogenen Philosophien. „Sie visualisieren die planetarische Reise, das Vergehen der Zeit und die Vergänglichkeit des Planeten.“ (N.O.)
Buhlebezwe Siwanis Materialien – organische Stoffe der Natur, Dinge der Kultur oder ihr eigener Körper – sind häufig in Kontexten von Ritualen und Praktiken zu lesen, die mit Prozessen von Werden und Vergehen, mit Geburt und Tod zu tun haben. „Es geht um die direkte Beziehung zwischen dem Land, dem schwarzen Körper und dem Geist. Ich interessiere mich für Traditionen und Praktiken schwarzer Kultur, insbesondere IsiZulu. Dabei wird berücksichtigt, wie schwarze Menschen ihre eigenen spirituellen Formen praktizieren.“ (B.S.)
Mbali Dhlaminis kritische Recherchen widmen sich Zeugnissen und Traditionen religiöser Gemeinschaften in Afrika, die sie für eine heutige kulturelle Praxis neu deutet.
Postkoloniale Fragen: Der weibliche Blick und Körper
Im Werk von Nnenna Okore ist der Körper einerseits über die zeitintensiven Prozesse gegenwärtig, die sie in das Zusammentragen und Aufarbeiten ihrer Materialien sowie in das langsame Schichten und Verknüpfen in ihren Skulpturen einbringt. Andererseits möchte sie die Körper, das physische Erleben der Betrachter*innen ansprechen, die nicht nur visuell, sondern auch taktil auf ihre Werke reagieren können.
Das Gravitationszentrum der künstlerischen Arbeit von Buhlebezwe Siwani liegt in der der Erforschung des schwarzen weiblichen Körpers, die Neubelebung und Übersetzung afrikanischer Spiritualität in ihre Gegenwart im Gegenspiel zu Traditionen des Christentums, die mit der Kolonisierung nach Südafrika kamen.
Mbali Dhlamini verwendet historische Fotografien afrikanischer Frauen, die im Titel geografische, ethnografische und kulturelle Zuordnungen nahelegen, und legt den diskriminierenden Zugriff postkolonialer Bildzeugnisse offen. In anderen Serien setzt sie für ihre Recherchen den eigenen Körper ein.
Zeitgenössische Formen der Spiritualität
Das gesamte Werk von Nnenna Okore wurzelt in Traditionen und kreativer Praxis der Igbo Philosophie und Spiritualität, wie sie von vielen Menschen in Nigeria gelebt und geteilt wird. Bulebezwe Siwani widmet sich aus verschiedenen Perspektiven dem Aufeinandertreffen von modernem Glauben und traditionellem Ritual, von afrikanischer Spiritualität und Christentum. Indem Siwani ihre Praxis, als Sangoma, als spirituelle Heilerin mit ihrer künstlerischen Praxis und ihrem individuellen spirituellen Leben verbindet, öffnet sie sich Fragen nach Identität und Selbst.
Ausgangspunkt der kulturellen Recherchen und der künstlerischen Praxis von Mbali Dhlamini ist die unauflösliche Verschränkung religiöser Traditionen in Südafrika mit postkolonialen Fragen. Sie befragt zeitgenössische Lebensformen der Spiritualität, reflektiert die Überlieferungen indigener Philosophie und visueller Kultur.
Installation Views by Julia Milberger